Fünfte Woche

Es ist ein verrücktes Gefühl am Bahnhof auf Besuch zu warten. Und das in dieser Woche auch gleich zweimal. Um Mama und Papa in „meiner“ Stadt zu empfangen.

Und ein noch verrückteres Gefühl ist es, dass sie dann bei mir zu Besuch sind, in „meiner“ Wohnung.

Die Wiedersehen sind wunderschön, ich fühle mich erleichtert und gleichzeitig wird mir damit nochmal vor Augen geführt, dass ich jetzt schon so lange hier bin, dass Zeit für ein Wiedersehen ist.

Mit Mama zusammen durch diese Stadt laufen, die sie schon kennt und nach den Tagen jetzt noch besser kennt. Am zweiten Tag stellen wir dann fest, dass wir jetzt wirklich jede Straße der Innenstadt kennen, was sie viel überschaubarer sein lässt.

Die Tage sind wirklich pure Dolcevita, wir finden den bis dato besten Eisladen der Stadt und ich probiere alleine während dieser Woche viele verschiedene Sorten, die alle himmlisch schmecken.

Am Dienstag holt Mama mich von der Arbeit (in Povo) ab und wir laufen den Berg runter zu einer Pizzeria, die mir so oft empfohlen wurde und diese Empfehlungen auch alle wert war – die Pizza schmeckt extrem gut.

Und dann wird mir bewusst, dass zu einem Wiedersehen auch immer ein Abschied gehört. Der ist zwar nicht für lange, aber zur Arbeit zu fahren in dem Wissen, dass Mama am Abend nicht mehr da ist, ist komisch.

An meinem ersten „langen“ Arbeitstag wird mir dann mal wieder das enorme Pensum der kleinen Kinder bewusst. Die 6-jährigen, die wir zweimal die Woche um 16 Uhr (!) von der Schule abholen, holen wir am Freitag zwar schon ein bisschen früher und essen dann alle zusammen, aber auch nur, um sie dann 2 Stunden später noch zu einem Programmierkurs zu bringen – eine der Nachmittagsaktivitäten, die die meisten neben Tennis oder anderem Sport und Instrumentenunterricht haben. Und als ich die schweren Ranzen zusammenräume, die teilweise echt halb so groß sind, wie die kleinen Menschen, werde ich nachdenklich. Ich weiß nicht, ob all das sie wirklich zu gebildeteren und leistungsfähigeren Menschen macht.

Nachdem ich Papa vom Bahnhof abgeholt habe, kann ich nun auch im endlich „meine“ Stadt zeigen. Und es ist so ein gutes Gefühl, dass auch er jetzt endlich Bilder zu meinen Erzählungen bekommt.

Es regnet in Strömen und wir steigen über die ganzen Pfützen, in denen sich langsam die gelben Blätter erweichen. Und ich fühle mich wohl, kriege Ende Oktober jetzt endlich so langsam ein Herbstgefühl.

Ich zerschneide das ganze orangene Papier zu Konfetti und genieße die Stimmung, die Kinder, die um mich herum Halloweendeko basteln und leise zu den – eher nervigen – Kinderliedern mitsingen.

Bei Ausflügen mit Papa mehr vom Trentino kennenlernen, zu den Städtchen auf der Karte jetzt auch endlich Bilder im Kopf haben.

letzte Beiträge

1 Kommentar

  1. Wirklich schön. Vielleicht könnt ihr Mädchen den Verantwortlichen mal konzentriert sagen ob eine Änderung der Schwere der Schulranzen nicht zukünftig angezeigt ist.
    Ich kann das als Oma einer 5.Klässlerin nachempfinden.
    Lg

    Antworten

Einen Kommentar abschicken

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.