Neunundvierzigste Woche

Es ist seltsam. Jeder Tag beginnt mit einem Countdown: „Nur noch viermal diese Wege laufen.“, „Nur noch dreimal früh aufstehen.“, „Nur noch zweimal mit dem Schulbus fahren.“. Und gleichzeitig sind es so viele letzte Male – das letzte Mal neue Kinder kennenlernen, eine Woche planen, die immergleichen Aktivitäten machen. Und die Woche ist anstrengend. Denn abgesehen von diesem emotionalen Part ist auch die Gruppe echt herausfordernd. Es sind – nur – 8 kleine Jungs, aber schon nach den ersten 2 Stunden am Montag gucken die Kollegin und ich uns an und sind beide fertig. Denn sie sind unfassbar aktiv, quasseln in einer Tour, fragen innerhalb von 10 Minuten mindestens 25-mal „Warum?“ und kabbeln sich die ganze Zeit untereinander. Und zu all dem kommt eine enorme Hitze, wohl eine der heißesten Arbeitswochen, die ich hier hatte. Die letzte Woche will mich scheinbar nochmal ordentlich auf die Probe stellen.

Aber die Arbeit ist trotz allem auch wieder superschön. Mit der Gruppe machen wir jeden Tag Mittagsruhe, lesen Geschichten und hören Entspannungsmusik – es ist einfach nur goldig. Auch die Aktivitäten machen Spaß und die Kinder fordern viel Begleitung ein, sodass ich mit auf Entdeckungstour gehe.

Und besonders gegen Ende der Woche merke ich dann bei mir auch echt nochmal einen Sprung. Abgesehen vom Sprachlichen – der Kollege, mit dem ich fast den ganzen Sommer gearbeitet habe, meint irgendwann, nach einer Äußerung von mir „Achso, wir benutzen jetzt auch den „congiuntivo“, ja?“ (der Konjunktiv, der im Italienischen aber eine andere Verwendung hat, als im Deutschen) – wächst auch mein Selbstbewusstsein mit den Kindern. Besonders die Kleinen brauchen viel Rahmen und irgendwann merke ich, wie es wirklich kein Thema mehr ist, sie mir ranzuholen, Regeln nochmal zu erklären, bestimmt zu bleiben und mit ihnen gemeinsam nach Lösungen für Konflikte zu suchen.

Der Alltag ist diese Woche eher komisch. Wir machen die Wohnung so ready, wie es geht, essen die letzte Pizza zusammen und immer wieder habe ich kleine Momente, in denen ich den nahenden Abschied ein bisschen realisiere. Alles in allem kann ich das aber irgendwie nicht glauben. Auch nicht, als meine Eltern am Freitag kommen. Es ist der Besuch, über den wir seit Monaten sprechen, der, bei dem sie kommen, um mich abzuholen. Aber checken tue ich das nicht.

Wir haben ein wirklich schönes Wochenende, besteigen zum Abschluss meines Jahres noch den Hausberg von Trento, den „Monte Bondone“, schlendern durch die Stadt, essen Eis und viel Pizza.

Und es ist auch die Pizza, die Sonntagabend nochmal für einen absoluten Herzensmoment sorgt. Denn wir essen zum letzten Mal in meiner Lieblingspizzeria „Korallo“ und als ich erzähle, dass das das vorerst letzte Mal war und vorsichtig frage, ob ich eventuell eines ihrer T-Shirts als Andenken kaufen könnte, schenkt die Chefin es mir. Doch nicht nur das, sie trommelt auch ein paar der Stammkellner zusammen und alle verabschieden mich und wünschen mir alles Gute für die Zukunft. So viel Freundlichkeit und Wärme – den ganzen Nachhauseweg über grinse ich vor mich hin.

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1 Kommentar

  1. Oh wie schön und traurig zugleich.
    Liebe Tildi ich habe Dich mit Freude begleitet , beim Lesen immer zeitlich ein bischen hinterher gehinkt, mich immer auf neue Blogs gefreut.
    Ein ganz wichtiges Jahr für Dich.
    Und ein bischen war ich dabei

    Liebe Grüße
    Von der Oma

    Antworten

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